Leitzinsanhebung lässt Aktienmärkte einbrechen: Alles schien eingepreist gewesen zu sein. Die Fed hob am Mittwoch den Leitzins, wie erwartet, um 0,5 Prozentpunkte auf 0,75 bis 1,00% an und die Aktienmärkte erlebten den stärksten Börsentag seit 2020, ehe am Donnerstag Panikverkäufe folgten.
Es war der vorläufig schlimmste Börsentag des Jahres. Der S&P 500 verlor 3,6%, der NASDAQ Composite 5,1%. Die Ursache: Die stärkste Leitzinsanhebung seit 22 Jahren folgte auf die höchste Teuerungsrate seit Dezember 1981 und war von falkenhaften Kommentaren von Fed Chairman, Jerome Powell begleitet. O-Ton: „Die Inflation ist viel zu hoch“. Wir handeln rasch, um sie wieder zu senken“. Zusätzlich beschlossen die Währungshüter, die auf fast 9 Billionen Dollar angewachsene Fed-Bilanz wiefolgt abzubauen: Bis dato wurden Tilgungszahlungen auslaufender Staatsanleihen voll reinvestiert. Nun soll ab 1. Juni diese Summe für drei Monate um jeweils 30 Mrd. USD reduziert werden, danach um monatlich 60 Mrd. USD. Für Emissionen von Agenturen bzw. hypothekarisch besicherte Papiere steht einem anfänglichen Cap von 17,5 Mrd. USD pro Monat später ein Betrag von 35 Mrd. USD gegenüber. Also ab September soll die Bilanz der Fed um insgesamt 95 Mrd. USD pro Monat schrumpfen. Aktuell befinden sich Staatsanleihen von ca. 5,8 Billionen Dollar im Portfolio, sprich einem Viertel aller ausstehenden Treasuries, während auf Hypothekenanleihen 2,7 Billionen USD entfallen. Dies in Kombination mit der Bereitschaft der Fed, notfalls sogar den Leitzins über das neutrale Niveau anzuheben, bei dem die Wirtschaft spannungs- und inflationsfrei wächst, führte zur kritischen Markteinschätzungen und Rückschlägen am Aktienmarkt. Das neutrale Leitzinsniveau liegt nämlich unter 3% und Andeutungen in diese Richtung lassen ein von James Bullard, Präsident der Fed von St. Louis, befürwortetes Szenario von Leitzinsen von 3,5% am Jahresende 2022 wahrscheinlicher werden. Darüber hinaus lassen zu starke Arbeitsmarktdaten bereits die Ingangsetzung einer Lohn-Preis-Spirale befürchten. Auf der anderen Seite fällt die Inflationsbekämpfung in eine wirtschaftlich fragile Phase. Gleichzeitig eskaliert der Ukrainekrieg und die USA schnürten am Sonntag ein neues Sanktionspaket gegen Russland.
Erfreuliche Arbeitsmarktdaten mit Fragezeichen: Am US-Arbeitsmarkt entstanden im April 428.000 Jobs, während die von Reuters befragten Volkswirte nur mit 391.000 gerechnet – ein Stellenaufbau, der quer durch alle Sektoren geht. Der Arbeitskräftemangel wird zunehmend größer, zumal die Erwerbsbeteiligungsquote von 62,4 auf 62,2% leicht zurückging. Die Arbeitslosenquote verharrte auf 3,6%. Bei Akademikern liegt sie lediglich bei 2%. Die durchschnittlichen Stundenlöhne des Privatsektors ex Agrar stiegen im April um 5,5% auf 31,85 USD nach 5,6% Anstieg im Vormonat. Diese Mäßigung ist positiv zu interpretieren, doch der allgemein leergefegte Arbeitsmarkt verunsichert, weshalb sich die negative Aktienmarktstimmung am Freitag auch fortsetzte.