Mehr geldpolitische Klarheit?: Die virtuelle Rede von Fed-Chairman Jerome Powell anlässlich des internationalen Jackson-Hole-Notenbankertreffens war wegen erwarteter Hinweise zu Grundsatzentscheidungen der Geldpolitik wie mögliche Zeitpunkte eines Beginns der Drosselung der monatlichen Anleihenkäufe in Höhe von 120 Mrd. Dollar mit Spannung erwartet worden. Laut Powell könnte es angemessen sein, die monatlichen Anleihenkäufe zu drosseln, wenn die Wirtschaft substanziellen Fortschritt macht in Hinblick auf die beiden geldpolitischen Ziele der Fed, nämlich Vollbeschäftigung und eine durchschnittliche Inflationsrate von 2% über einen längeren Zeitraum. Während laut Powell an der Preisfront der gewünschte Fortschritt erreicht ist, hat der Arbeitsmarkt noch seine Schwachstellen. Hier könnten neue Lockdowns im Zuge der Deltavariante wieder relevant werden. Mit einem 7-Tages-Durchschnitt von rund 156.000 Fällen sind in den USA die Corona-Zahlen wieder so hoch wie zuletzt Ende Jänner. Gleichzeitig mehren sich die Impfdurchbrüche in Israel. Diese Bedrohung gesellt sich zu einer bereits Corona-bedingten strukturellen Arbeitslosigkeit. Laut Powell verstelle deshalb die aktuelle Arbeitslosenquote von 5,4% den Blick auf die wahre Unterbeschäftigung: Noch immer sind seit Beginn der Pandemie im Februar 2020 sechs Millionen Arbeitsplätze verlorengegangen. Also gibt es einen Grund, mit restriktiveren Maßnahmen noch zu warten und die Leitzinsanhebungen sind ohnehin ein eigenes Kapitel, denn Powell betonte, dass eine etwaige Drosselung der Anleihenkäufe unabhängig von den Leitzinsen erfolgen werden, die so lange nahe Null bleiben, bis maximale Beschäftigung und Preisstabilität bei einer Inflation von 2% gewährleistet sind. Die aktuelle Inflation gäbe laut Powell keinen Grund zur Besorgnis, zumal vereinzelte Warengruppen das Teuerungsbild verzerrten. Rechnet man Lebensmittel und Energie heraus reduziere sich die Inflationsrate von 5,4 auf 3,6%. Doch es gibt auch kritische Stimmen, wie Harvard-Ökonom Larry Summers, die zu einer Rückführung der Anleihenkäufe aufrufen, da es angesichts einer Arbeitslosenquote von 5,4%, akutem Arbeitskräftemangel, und der aktuellen Inflation nicht mehr nötig sei, Assets zu kaufen und verteuern, die ohnehin primär im Eigentum reicher Amerikaner stehen. Die Drosselung der Anleihenkäufe könnte bereits zum Jahresende einsetzen, während Experten frühestens erst in der zweiten Jahreshälfte 2022 von einer ersten Leitzinserhöhung ausgehen. Zwar haben sich derzeit die US-Staatsanleihenrenditen auf relativ niedrigem Niveau zwischen 1,18 und 1,35% eingependelt, doch die nächsten Renditeschocks könnten nicht lang auf sich warten lassen, wenn starke Konjunktur- und/oder Inflationsdaten vorliegen.
PC - Weekly 2021 KW 35
Marktdaten / Marktüberblick
Aktien – USA
Solide Investitionen stützen Nachfrage nach langlebigen Gütern: In den USA sind die Aufträge für langlebige Güter im Juli mit minus 0,1% zum Vormonat weniger gesunken als die Analysten erwarteten. Diese gingen von minus 0,3% aus. Allerdings stiegen die Aufträge im Vormonat noch um revidierte 0,8% (zuvor 0,9% errechnet). Ohne den Transportsektor stiegen im Juli die Auftragseingänge um 0,7% (erwartet 0,5%). Hingegen der Transportsektor war auf Monatsbasis um 2,2% rückläufig. Stark entwickelten sich Investitionsgüterbestellungen in den ersten sieben Monaten 2021 gegenüber dem Vorjahres-Zeitraum, nämlich mit einem Plus von 39,2%, während die Auslieferungen um 13,5% zulegten – ein Zeichen expansiver Entwicklung. Nimmt man alle langlebigen Wirtschaftsgüter zusammen, dann steht in diesem Vergleich ein Neuauftragsplus von 25,3% einem Auslieferungsplus von 14,6% gegenüber. Diese Entwicklungen erscheinen bei einem von 6,7 auf 6,6% revidierten BIP-Wachstum im zweiten Quartal plausibel.
Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung pendeln sich auf niedrigem Niveau ein: Vor 3 Wochen suchten noch 375.000 US-Einwohner an ehe es zwischenzeitlich auf 349.000 Antragssteller zurückging. In der am 21. August endenden Woche waren es 353.000, einer der besten Werte seit März 2020. Die Folgeanträge bewegten sich ebenfalls mit 2,86 Millionen auf niedrigstem Niveau seit Beginn der Pandemie.
Aktien - Europa
Eurozone stark auf Expansionskurs: Der IHS Markit Flash Eurozone Composite Index Produktion ist laut vorläufiger Auswertung der vom 12. bis 20. August durchgeführten Befragungen von Produktions- und Dienstleistungsunternehmen des Euroraums im August von seinem 15-Jahreshoch im Juli um 0,7 Punkte auf 59,5 Punkte gesunken, was aber noch immer der zweithöchste Stand seit 2006 ist. Während der Servicesektor aufgrund der hohen Impfraten und somit noch offenen Hotellerie und Gastronomie erneut ein starkes Geschäftswachstum erzielt, leidet die Industrie bereits unter der schwächsten Produktionsausweitung seit 6 Monaten. Beiden Bereichen gemein ist ein anhaltend starker Auftragszuwachs. Allerdings droht seitens Lieferverzögerungen Ungemach. Doch der Status Praesens des Chefökonomen von IHS Markit, Chris Williamson, bleibt positiv: Er spricht im 3. Quartal 2021 vom „bisher höchsten Durchschnittswert des PMI seit 21 Jahren“.
Gewinnschub im zweiten Quartal: Laut Schätzungskonsens von Refinitiv sollten die Gewinne der STOXX 600 Unternehmen im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 152% (vor drei Wochen noch 139,6%) wachsen. Ohne Energiesektor wäre es noch immer ein Plus von 109,2%. Die stärksten Zuwächse werden bei Industriewaren, zyklischen Konsumgütern und Grundstoffen erwartet, gefolgt vom Energiesektor. Mittlerweile hatten 283 Unternehmen des STOXX 600 Gewinne für Q2 21 veröffentlicht. 67,4% davon lagen über den Analystenschätzungen verglichen mit einem langfristigen Durchschnitt von 51%. Das für 2021 erwartete Gewinnwachstum beträgt 56,1% wobei die stärksten Ertragsschübe im Energiesektor und bei zyklischen Konsumgütern stattfinden.
Aktien - Schwellenländer / Asien
China auf moderaterem Wachstumskurs: Wegen neuer Corona-Ausbrücke mussten Fabriken und Häfen zeitweise geschlossen werden. Hinzu kamen schwere Überflutungen und heftige Regenfälle beispielsweise in der wirtschaftlich bedeutenden Provinz Henan. Die aktuellen Ausblicke werden unsicherer, da sich die Produktion immer mehr begrenzt. Die von Reuters befragten Analysten rechneten im Juli noch mit einem Plus der Industrieproduktion um 7,8%. Tatsächlich waren es nur noch 6,4%. Nach noch 12,1 % Wachstum im Juni verringerte sich das Plus der Einzelhandelsumsätze im Juli auf 8,5%. Analysten rechneten noch mit plus 11,5%. Gleichzeitig verlangsamt sich die Ertragsdynamik in der Industrie: Im Juli war es bereits die fünfte Verlangsamung in Folge. Die Gewinne der Industriebetriebe stiegen nur noch um 16,4% auf 108,51 Mrd. USD nach einem Plus von 20% im Juni. Doch in den ersten sieben Monaten dieses Jahres lag das Plus noch bei 57,3%, was auf Basiseffekte in der Corona-Krise zurückzuführen ist.
Anleihen
Korrekturgefahr: Vom 20. bis 27. August stiegen die Renditen zehnjähriger US-Treasuries von 1,6 auf 1,312% nachdem eine mögliche Drosselung der Anleihenkäufe näher rückt, während sich die Fed mit Leitzinserhöhungen noch Zeit lassen könnte: Vom 30. Juli bis 27. August haben sich die Leitzinserwartungen nur wenig verändert: Die von den Futures eingepreiste Wahrscheinlichkeit einer stärkeren Leitzinsanhebung auf 50 bis 75 BP oder noch höher bis 14. Dezember 2022 stieg nur noch von 19 auf 21%. Das bedeutet die konjunkturdämpfende Wirkung von Lieferengpässen und struktureller Arbeitslosigkeit könnte sich entfalten. In Europa immer mehr zum Faktor werden Delta-Variante und neue Lockdowns. Das hält die Zinsen am langen Ende in Schach. Deutsche Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit bewegen sich in enger Bandbreite. Binnen zwei Wochen stieg deren Rendite nur um 4 Basispunkte auf -0,43%. In Italien, Spanien, Portugal, Griechenland ist in den vergangenen 12 Monaten ein klarer rückläufiger Staatsanleihenrendite-Trend erkennbar. Die Risikofreude der Anleger ist hoch. Das hält auch die Kurse von EM-Bonds auf hohem Niveau. Doch zukünftigen Zinswende-Wahrscheinlichkeiten sollten nicht aus den Augen verloren werden, denn die Mitglieder des EZB-Rats sehen das Inflationsrisiko nun auch mittelfristig höher ausfallen.
HY-Corporate Bonds - Das Ende der Fahnenstange: Die am ICE BofAML US High Yield Master II Option-Adjusted Spread gemessenen Risikoprämien von US-High Yield Corporate Bonds auf US-Treasuries sind infolge steigender Risikofreude der Anleger von 5,64 Prozentpunkte (24.09.20.) auf 3,20 Prozentpunkte (26.08.21) gesunken. Auf diesem Niveau sind die langfristig erwarteten Kreditverluste nicht mehr abgedeckt.
Edelmetalle und Rohstoffe
Goldpreis reagiert positiv auf Powell Rede in Jackon Hole: Es sorgt für Erleichterung, dass Tapering noch kein aktuelles Thema ist. Hinzukommen geopolitische Unsicherheitsfaktoren wie Afghanistan. Wirft man einen Blick auf die CoT-Daten, die sich auf die Handelspositionen anzeigenpflichtiger Marktteilnehmer in Termingeschäften beziehen, dann haben die großen Spekulanten ihre Positionen wieder um 19,111 auf 210.653 Netto-Long-Kontrakte (per 24.8.) aufgestockt. Gleichzeitig zeichnet sich ein Chartbild der Stärke. Zweistellige Gewinne zeigte der Ölpreis auf nachlassende Konjunktursorgen und Angebotsausfälle in Mexiko (Tropensturm).
Währungen
Während der US-Dollar nach der Rede Powells in Jacksonville Schwäche zeigte, da unmittelbar Tapering noch kein Thema sein könnte, fielen die Rohstoffwährungen Kanadischer- und Australischer Dollar durch eine hohe Stärke auf, was mit einer soliden Rohstoff-Export-Konjunktur erklärt werden könnte. Auch der Südafrikanische Rand und Brasilianische Real zeigten Stärke, genauso wie die „Ölwährung“ Norwegische Krone. Die Ölpreisexplosion und stark steigende Metallpreise beflügeln die Währungen betreffender Exportländer.
Diese WOCHE - worauf zu achten ist!
Japan: Einzelhandelsumsätze
EUR: Geschäftsklimaindex
USA: Dallas Fed Herstellungsindex
China: NBS PMI Produktion; PMI nicht-verarbeitendes Gewerbe
Japan: Industrieproduktion u. Arbeitslosenquote
EUR: Inflationsrate
USA: Chicago Einkaufsmanagerindex, Immobilienpreisindex, Verbrauchervertrauen (CB)
China: Caixin PMI Produktion
USA: ADP Beschäftigungsänderung; ISM verarbeitendes Gewerbe; Markit PMI Herstellung; Persönliches Einkommen
USA: Erstanträge Arbeitslosenunterstützung; Folgeanträge Arbeitslosenunterstützung, Handelsbilanz, Werkaufträge, Lohnstückkosten
China: Caixin China PMI Dienstleistungen
EUR: Einzelhandelsumsätze; Markit PMI Gesamtindex; ISM nicht-verarbeitendes Gewerbe; Arbeitslosenquote, Erwerbsbeteiligungsquote, Beschäftigung ex Agrar; Durchschnittliche Stundenlöhne
Galt in der Vergangenen Woche als positiver Markttreiber
In der abgelaufenen Woche weder ein eindeutig positiver noch eindeutig negativer Markttreiber.
Galt in der vergangenen Woche als negativer Markttreiber.
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