Paul-Volcker-Szenario steht zur Debatte:
Rückblick Zinsschock der frühen 80er-Jahre: Auslöser des zweiten Ölschocks waren Förderungsausfälle nach der islamischen Revolution im Iran (Sturz des Schah Mohammad Reza Pahlvi, der am 16. Jänner 1979 das Land verließ). Es bahnte sich der Erste Golfkrieg an, der mit dem Angriff des Iraks auf den Iran, am 22. September 1980 starte. Von Ende 1978 bis zum Peak im Jahr 1980 stieg der Ölpreis (WTI) von 14,85 auf 39,50 USD. Im August 1979 übernahm Paul Volcker die Führung der Fed. Von Dezember 1978 bis August 1979 stieg die Inflation in den USA bereits von 7,6 auf 11,8% um dann noch weiter bis zum Hoch im März 1980 auf 14,8% zu steigen. Die Fed stand in der Inflationsbekämpfung mit dem Rücken zur Wand. Radikale Schritte waren erforderlich. Die effektive Fed Fund Rate stieg von 10,94% im August 1979 bis zum ersten Peak im April 1980 auf 17,61%. Noch in der Rezession hat die Fed also die Leitzinsen angehoben. Die erste Rezession dauerte von Jänner bis Juli 1980 an und bedeutete einen Rückgang der US-Wirtschaftsleistung um 2,2%. Als der Konjunktureinbruch sichtbar wurde senkte die Fed rapide die Zinsen. Bis zum Zwischentief Juli 1980 ging die effektive Fed Fund Rate auf 9,03% zurück. Aber trotz Rezession blieb die Inflation im zweistelligen Bereich. Und es folgte der nächste Zinsanhebungsschock. Bis Jänner 1981 stieg die effektive Fed Fund Rate auf knapp über 19% ehe zwischenzeitlich ein leichter Rückgang folgte und sich im Juni 1981 das zweite Leitzinshoch von knapp über 19,1% ausprägte. Dann folgte ab Juli 1981 die nächste Rezession, die bis November 1982 anhielt und einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 2,7% bedeutete. Während der Rezession ging die Fed Fund Rate nachhaltig auf rund 9% zurück.
Rund 42 Jahre später:
Wie damals herrscht wieder Krieg, diesmal zwischen Russland und der Ukraine. Russlands Erdgaslieferungen in die EU stehen auf dem Prüfstand. Einerseits besteht Angst vor einem plötzlichen Lieferstopp andererseits begibt sich die EU auf die Suche nach alternativen Lieferanten. Doch Flüssiggas aus Katar scheitert langfristig schon alleine an mangelnden Lagerkapazitäten. Hinzu kommen zweifelhafte politische Netzwerke Katars hin zu islamistisch radikalen Gruppierungen. Unsicherheiten lassen Erdgaspreise explodieren und ein Ölschock folgte. Die Inflationsraten erreichten im Euroraum ein historisches Hoch von 5,9% im Februar und in den USA mit 7,9% den höchsten Stand seit Jänner 1982.
Die Fed hatte vergangenen Mittwoch die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 0,25 bis 0,50% angehoben, obwohl sich mehrere Währungshüter für radikalere Schritte zur Inflationsbekämpfung aussprechen. Eine Rücksichtnahme der Notenbanken auf die Ukraine-Krise wird es diesmal voraussichtlich nicht mehr in dieser Form geben, wie wir sie seit der Finanzkrise 2008/09 gewohnt sind. Im Gegenteil – Anleihenkäufe laufen aus und in der Fed ist nun die Schrumpfung der aufgeblähten Bilanzsumme ein Thema. Asset-Verkäufe und Zinsanhebungen sind angesagt.
Die wichtigsten Kernaussagen von Fed Chairman, Jerome Powell, waren vergangenen Mittwoch:
• Die grundlegende Verpflichtung besteht darin, die Preisstabilität wiederherzustellen und die Rückkehr der Inflation zum 2 Prozent-Ziel dauert länger als ursprünglich erwartet. Auf jeden Fall bis Mitte des Jahres soll die Inflation hoch bleiben.
• Arbeitsnachfrage ist sehr stark, Arbeitsangebot bleibt gedämpft. Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die US-Wirtschaft sind höchst ungewiss – US-Wirtschaft ist sehr stark und somit die Rezessionswahrscheinlichkeit nicht besonders erhöht
• FOMC versteht, dass die Zeit für Zinserhöhungen und Bilanzreduzierung gekommen ist.
• Wenn die Inflation zeigt, dass die Zinsen schneller angehoben werden müssen, wird die Fed dies tun.
• Die Leitzinsen werden im Laufe des Jahres kontinuierlich angehoben. Die geldpolitischen Entscheidungsträger der Fed erwarten für heuer im Medianwert einen Anstieg der Fed Fund Rate auf 1,9% und bis Ende des kommenden Jahres auf 2,8%.
Ginge es nach dem Präsidenten der regionalen Notenbank von St. Louis, James Bullard, müsste in diesem Jahr der Leitzins sogar auf über 3% angehoben werden.